8

 

Auf der langen Fahrt zum Pine Landing Lake folgten uns einige Wagen. Der kleine Weiler Harmony lag hinter dem See, und es gab noch mehr Leute, die direkt am See wohnten, weshalb ich mich bemühte, nicht gleich hysterisch zu werden. Als wir abbogen, fuhren die anderen Autos weiter. Tolliver gab keinen Kommentar ab, und ich wollte nicht paranoid klingen, also sagte ich ebenfalls nichts.

Wir hatten draußen kein Licht angelassen - ehrlich gesagt wusste ich nicht mal, ob es eines gab -, und ich versuchte mich daran zu erinnern, wo die Treppe war, bevor Tolliver den Motor ausmachte. Uns blieben wenige Sekunden, bis die Scheinwerfer ausgingen, und so beeilte ich mich, um möglichst lange etwas sehen zu können. Es raschelte im Unterholz, und ich sagte: »Verdammt, was ist denn das?« Ich blieb stehen und schaute genauer hin, dann sah ich etwas Kleines, Schwerfälliges über die Auffahrt huschen und in der Hecke zwischen uns und der nächsten leeren Blockhütte verschwinden, die durch das Dickicht der Bäume und Sträucher kaum auszumachen war.

»Ein Waschbär«, sagte Tolliver erleichtert. In diesem Moment gingen die Scheinwerfer aus, und wir tasteten uns in ängstlichem Schweigen zur Hütte vor. Tolliver hielt den Schlüssel bereits in der Hand, und nach kurzem Gefummel schaffte er es, ihn in die richtige Richtung zu drehen. Meine Finger tasteten die Wand ab, um den Lichtschalter zu finden. Geschafft! Im Bruchteil einer Sekunde kamen wir in den Genuss elektrischen Lichts.

Das Feuer war in unserer Abwesenheit heruntergebrannt, weshalb Tolliver Holz nachlegte. Er war richtig auf dem Pfadfindertrip, ein echter Macho. Nicht genug, dass seine Gefährtin (ich) verwundet war und seiner Pflege und Aufmerksamkeit bedurfte, er musste auch noch Feuer für mich anmachen. Bald würde er anfangen, die Wände mit Büffeljagdszenen zu bemalen. Ich lächelte, als er sich zu mir herumdrehte.

»Bist du bettreif?«, fragte er.

»Ich bin zumindest reif für den Schlafanzug und ein Buch«, sagte ich. Es war lächerlich früh, aber ich war erschöpft. Er öffnete meinen Koffer und holte meine Flanell- Schlafanzughose und das dünne, langärmlige Oberteil heraus, das dazu gehörte. Er hatte mir den Schlafanzug zu Weihnachten geschenkt, er war dunkelblau mit silbernen Monden auf dem Oberteil. Ich hatte nicht recht gewusst, was ich sagen sollte, als ich die Schachtel aufmachte, aber inzwischen fand ich Gefallen daran.

»Soll ich dir helfen?«, fragte er, bemüht, nur ja keine Peinlichkeit aufkommen zu lassen. Wir waren daran gewöhnt, uns ein Zimmer zu teilen, und auch, uns darin gemeinsam umzuziehen, aber mir beim Ausziehen helfen zu lassen, war noch ein wenig persönlicher.

Ich ging das Procedere in Gedanken durch. Ich brauche Hilfe beim Ausziehen meines T-Shirts und beim Aufhaken meines BHs. Am Morgen hatte mir eine Schwester geholfen, ihn anzuziehen.

Ich ging in das sehr einfache Bad, in dem es mehrere Grad kälter war, da es sich weit ab vom Kamin befand, und begann mit der unerwartet komplizierten Aufgabe, mich aus- und meinen Schlafanzug anzuziehen. Doch bei den Strümpfen gab ich auf. Wir hatten ein paar Handtücher herausgehängt, bevor wir weggefahren waren, und ich wischte mir das Gesicht ab. Das musste für heute Abend reichen. Nach einigem Gestöhne und Gefluche hatte ich meine Schlafanzughose an, mein T-Shirt halb ausgezogen und trat aus dem Bad, um mir von Tolliver helfen zu lassen.

Es war lange Zeit still. Dann sagte er angespannt: »An deinen Armen und Rippen sind lauter Blutergüsse.«

»Na ja«, murmelte ich. »Wenn man mit einem schweren Gegenstand geschlagen wird, lässt sich das nicht vermeiden. Mach den BH auf, bitte. Mir ist kalt.«

Ich spürte kaum seine Finger, als er sich an dem Verschluss zu schaffen machte. »Danke«, sagte ich und eilte zurück ins Bad. Nachdem ich meine Mission erledigt hatte, sammelte ich meine Klamotten ein und trug sie hinaus, die Schuhe mit den Füßen vor mir herschiebend. Die Strümpfe hatte ich angelassen. Es war sowieso zu kalt, um sie auszuziehen.

Tolliver hatte die Bettdecke für mich zurückgeschlagen und die Kissen aufgeschüttelt. Mein Buch lag auf dem Nachttisch, aber mein verletzter Arm befand sich auf dieser Seite. Daran hatte ich nicht gedacht, als ich »meine« Seite des Bettes für mich beansprucht hatte.

Er hielt mir die Decke hoch, während ich ins Bett kletterte. Dann deckte er mich zu. Selbst in dieser alten Schaukel fühlte es sich göttlich an, auf dem Rücken zu liegen.

»Ich bin schon total eingemummelt«, sagte ich, bereits leicht schläfrig. »Liest du mir eine Geschichte vor?«

»Deine verdammte Geschichte kannst du selber lesen«, sagte Tolliver, lächelte aber dabei und beugte sich vor, um mir einen Kuss zu geben. »Du warst echt tapfer heute, Harper, ich bin stolz auf dich.«

Ich verstand nicht, was ich heute so Außergewöhnliches getan hatte. »Das war doch ein ganz normaler Tag«, meinte ich, während mir die Augen zufielen.

Er lachte, und falls er mir darauf geantwortet hat, habe ich es nicht mehr mitbekommen. Als ich aufwachte, war es Tag. Ich hatte nachts nicht einmal aufstehen und auf die Toilette gehen müssen. Tolliver lag zu meiner Linken und schlief noch. Vor den großen Fenstern der Hütte hingen keine Vorhänge - vielleicht hatte man sie für den Winter abgenommen, vielleicht kam die Familie hier draußen auch ohne zurecht -, und so konnte ich die Bäume sehen. Ich wandte den Kopf und schaute über den Hügel namens Tolliver neben mir durch die bis zum Boden reichenden Fenster auf die große Veranda. War es eine Veranda oder ein Balkon? Das Ding befand sich im ersten Stock ... Ich beschloss, dass es eine Veranda war, aber das Wetter war eindeutig nicht dafür geeignet, sich auf ihr aufzuhalten. Der Himmel war blau und klar, es wehte ein Wind. Irgendwie sah es kalt aus. Wenn die Wettervorhersage recht behielt, würde es noch kälter werden.

Vielleicht konnten wir heute noch unsere Fahrt nach Pennsylvania antreten. Dort war es bestimmt auch kalt, wenn nicht sogar kälter, aber vielleicht entkämen wir so dem angekündigten Eissturm. Wahrscheinlich würde ich Twyla Cotton nie mehr wiedersehen. Und Chuck Almand erst in ein paar Jahren in den Nachrichten, wenn man ihn wegen Mordes festnahm. Sein Vater würde weinen und überlegen, was er falsch gemacht hatte. Hätten wir Doraville erst einmal verlassen, würde der Alltag wieder einkehren, die Leute würden ihre Toten betrauern und die Medienvertreter beherbergen. Das örtliche Bestattungsinstitut würde eine unverhoffte Umsatzsteigerung verbuchen. Dasselbe galt für die Hotels und Restaurants.

Sheriff Rockwell wäre froh, wenn die letzten Beamten der Bundesstaatspolizei weg wären. Diese wären ebenfalls froh, Doraville wieder verlassen und an ihren gewohnten Einsatzort zurückkehren zu können.

Manfred und seine Großmutter würden wieder nach Tennessee fahren. Irgendwann in den nächsten Monaten würde Xylda sterben. Manfred wäre allein und würde sich eine eigene Karriere aufbauen, indem er Ungebildeten und Gebildeten zu hellseherischen Einsichten verhalf. Manchmal würde er ehrlich sein und manchmal nicht. Tollivers merkwürdige Aversion gegen Manfred fiel mir wieder ein. Ich lächelte in mich hinein. Es stimmte, ich fand Manfred wirklich anziehend, auch wenn er nicht gerade meiner Vorstellung eines schönen Mannes entsprach. Seine Überzeugung, mir zu gefallen, und seine Begeisterung für mich ... nun, welcher Frau gefällt so etwas nicht? Das ist eine verführerische Mischung. Aber diesem Gefühl tatsächlich nachzugeben... da machte es sicherlich mehr Spaß, mit Manfred nur zu flirten. Obwohl ich gar nicht so viel älter war als er, fühlte ich mich deutlich reifer.

Ich musste wirklich dringend aufs Klo. Widerwillig schälte ich mich aus den Decken und setzte mich auf. Das niedrige Bett war für dieses Manöver nicht sehr gut geeignet, und es fiel mir schwer, leise zu sein, aber ich wollte Tolliver ausschlafen lassen, so lange er wollte. Der gestrige Tag war anstrengend für ihn gewesen, schließlich hatte er sich um mich kümmern müssen.

Endlich war ich auf den Beinen und eilte ins Bad.

Nachdem ich mein dringendes Geschäft verrichtet hatte, bürstete ich mir einhändig die Haare, mit ziemlich schiefem Ergebnis. Das Zähneputzen war von mehr Erfolg gekrönt, und ich fühlte mich sofort besser. Nachdem ich die Tür so leise wie möglich geöffnet hatte, sah ich, dass sich Tolliver noch immer nicht regte. Also tappste ich zum Kamin und warf einen Blick in die Glut. Sorgfältig legte ich Holz nach und versuchte es so aufzuschichten, dass noch genügend Luft zirkulieren konnte, genau wie Tolliver es am Vortag gemacht hatte. Zu meiner Zufriedenheit brannte es gut. Ha!

»Gut gemacht«, sagte Tolliver schlaftrunken. Ich ließ mich in einen der beiden alten Sessel vor dem Kamin sinken. Das ausgeblichene Polster roch muffig nach altem Hund. Natürlich hatte die Familie ihre ausrangierten Möbel hierher gebracht. Es war sinnlos, sich eine schöne Einrichtung zu kaufen, wenn man sowieso nur zum Entspannen herkam und sich mit nassen Schwimmklamotten niederließ. Außerdem war die Hütte nicht einbruchsicher, und wer wollte die Diebe schon mit Wertgegenständen in Versuchung führen? Ich war Twyla wirklich dankbar, dass sie uns hier wohnen ließ, unentgeltlich und weit weg von den Reportern. Gleichzeitig musste ich zugeben, dass ich lieber im Motel gewohnt hätte, allein wegen des Komforts.

Tolliver hatte sein Handy an die Steckdose angeschlossen, um den Akku aufzuladen, jetzt klingelte es.

»Mist«, sagte er, was ich gut verstehen konnte. Das Letzte, wozu ich jetzt Lust hatte, war mit jemandem zu reden.

»Hallo«, sagte er, und danach hörte ich nur noch ein »Ich denke schon« und ein »In Ordnung«. Fürchterlich unverbindliches Zeug. Er legte auf und stöhnte.

»Das war dieser SBI-Agent, Klavin. Wir sollen in einer Stunde aufs Revier kommen.«

»Ich brauche einen Kaffee, bevor ich es mit irgendwelchen Polizisten aufnehmen kann«, sagte ich.

»Aber klar doch.« Er stieg aus dem Bett und reckte sich. »Hast du gut geschlafen?«

»Ja, zumindest habe ich mich nicht die ganze Nacht herumgewälzt.« Ich streckte mich ebenfalls ein wenig.

»Ich geh unter die Dusche. Wie sieht es bei dir aus?«

»Ich werde eine Art Katzenwäsche machen müssen, fürchte ich. Verband und Gips dürfen nicht nass werden.« Auch das nervte mich allmählich.

»Gut, ich beeil mich.« Niemand ist so schnell im Duschen wie Tolliver. Im Nu war er wieder da und rubbelte sich die Haare trocken, während ich mir frische Klamotten herauslegte. Ich schaffte es, den Schlafanzug allein auszuziehen und mich mehr oder weniger zu waschen, aber das Anziehen war eine echte Herausforderung. Ich versuchte gleichzeitig meine Blöße zu bedecken und mir meine Kleider überzuziehen, was nicht ganz leicht war. Das Anziehen meiner Unterwäsche verursachte mir buchstäblich Schmerzen am Hintern, und ich musste mich endlos verrenken, um meine Arme durch die BH-Träger und meine Brüste in die Schalen zu bekommen, damit Tolliver nur die Häkchen zumachen musste.

»Meine Güte, bin ich froh, dass ich so was nicht anziehen muss«, knurrte er. »Warum kann man die Dinger nicht vorne schließen? Das wäre wesentlich praktischer.«

»Es gibt Modelle, die man vorne zuhaken kann. Ich habe nur keine.«

»Sag mir deine BH-Größe, und ich schenk dir welche zum Geburtstag.«

»Ich würde zu gern sehen, wie du bei Victoria's Secret einkaufst.«

Er grinste.

Wir hatten noch kurz Zeit, um bei McDonald's zu essen, was sie dort Pfannkuchen nannten. Ich behaupte auch immer, McDonald's zu hassen, aber die Pfannkuchen waren in Ordnung und der Kaffee auch. Außerdem war es dort herrlich warm. Die Fenster waren von innen beschlagen. In der Filiale wimmelte es nur so von kräftigen Männern in dicken Jacken, die meisten mit Tarnmuster. Alle trugen dicke Stiefel und hatten frisch rasierte Gesichter. Manche würden zum Tatort hinaus müssen, andere ihren normalen Dienst machen. Selbst die Gegenwart des Todes konnte nicht verhindern, dass das Leben in Doraville gemächlich seinen Gang ging. Ein tröstlicher Gedanke, einer, den ich schon millionenfach gehabt hatte. Bei meinem Job wird man schnell ein Verfechter von »Das Leben geht weiter«.

Ich verließ die gemütliche Atmosphäre des McDonald's nur ungern, obwohl man eine McDonald's-Filiale kaum als gemütlich bezeichnen kann. Aber angesichts der uns bevorstehenden unangenehmen Befragung ... Aber wir wollten pünktlich sein und hofften, hinterher abreisen zu dürfen. Tolliver hatte unsere Sachen jedoch in der Hütte gelassen. Er meinte, so lange würde es auch nicht dauern, zurückzufahren und unsere Koffer zu packen. Außerdem müssten wir die Hütte noch ein wenig aufräumen und den Schlüssel zurückgeben.

Wir würden uns einen Spießrutenlauf mit der Presse liefern, da wir diesmal vor dem Haupteingang parken mussten. Kein freundlicher Polizist stand am Tor und winkte uns auf den hinteren Parkplatz, und wir hatten nicht daran gedacht, vorher anzurufen. Die Ränge der Pressevertreter schienen sich allerdings gelichtet zu haben, und ich fragte mich, ob die Gerichtsmediziner immer noch bei dem Schuppen gruben. Ich bahnte mir einen Weg durch die verbliebenen Journalisten, indem ich ein paarmal »kein Kommentar« sagte, und sie wagten es nicht, uns aufs Revier zu folgen.

Als wir im Besprechungsraum um einen Tisch saßen und unsere Finger an den Kaffeebechern wärmten, die wir mitgebracht hatten, ließ man uns ziemlich lange warten. Auf dem Tisch lag ein großer Plan mit der Aufschrift »Don-Davey-Grundstück«. Er war mit vielen Anmerkungen versehen. Von unserem Platz aus konnte Tolliver die Schrift nur schwer entziffern, aber ich lächelte ihn spöttisch an und las ihm vor.

»Unter dem ersten Grab steht ›Jeff McGraw‹ und unter den anderen der Name des jeweiligen Jungen, der dort verscharrt war«, sagte ich. Ich merkte, dass ich betont leise sprach, als könnte ich die Totenruhe stören. »Die beiden Gräber mit den beiden Jungen, die nicht von hier sind, haben auch Namen. Der am nördlichsten Ende lautet ›Chad Turner‹, der andere ›James Ray Pettijean‹.« Ich rückte mit meinem Stuhl etwas näher an Tolliver heran. »Wahrscheinlich werden sie jetzt alle obduziert«, sagte ich. Es spielt wirklich keine Rolle, was mit dem Körper geschieht, wenn die Seele ihn erst einmal verlassen hat. Dann ist er nur noch Müll. Aber da es so viele waren, packte mich aus irgendeinem Grund das kalte Grausen.

»Dort, wo du die Leichen gefunden hast, ist nichts zurückgeblieben?«, fragte Tolliver, der vermutete, dass man uns belauschte.

»Nein«, sagte ich genauso vorsichtig. Weder Seelen noch Geister, und zwischen beiden gibt es einen großen Unterschied. Manchmal sehe ich bei noch relativ frischen Leichen Seelen verweilen. Aber einen Geist habe ich erst einmal gesehen.

In diesem Moment kamen Pell Klavin und Max Stuart herein. Die beiden SBI-Agenten sahen sehr erschöpft aus. Ob wohl noch mehr Beamte zur Verstärkung angefordert worden waren? Die beiden Männer nahmen gegenüber von uns Platz, zwischen uns lag der Plan.

»Was können Sie uns sagen, das wir noch nicht wissen?«, fragte Stuart.

Ich war irritiert, dass er die einfachsten Höflichkeitsregeln vergessen zu haben schien. Aber dann stellte ich mir vor, wie es war, wenn man die ganze Nacht über den Biografien der Jungen gebrütet hatte, und zeigte Verständnis für die beiden Agenten. Ich an ihrer Stelle hätte auch auf überflüssige Floskeln verzichtet.

»Wahrscheinlich nichts«, sagte ich. »Ich finde nur Leichen, das kann ich gut, aber ich bin keine Detektivin und keine Polizistin.«

»Das mit den Leichenfunden kann unmöglich so weitergehen.«

»Es sind jetzt vermutlich alle. Zumindest auf diesem Grundstück.«

»Woher wollen Sie wissen, dass er woanders noch welche vergraben hat?«

»Das behaupte ich ja gar nicht. Aber es gibt keinen Abgrenzungstermin. «

Die beiden beugten sich vor und warteten auf eine Erklärung.

»Die Todeszeitpunkte liegen weit auseinander«, sagte ich. »Es wurde jahrelang gemordet, mindestens sechs Jahre lang. Und der Junge der McGraws ist erst seit drei Monaten tot. Wenn der Mörder nicht schon extrem lang aktiv ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich alle seine Opfer an diesem Ort befinden. Kann sein, dass er noch einen früheren Bestattungsort hat. Und er wird mit Sicherheit einen neuen anlegen. Aber ich bin mir sicher, dass in diesem alle Opfer der letzten Jahre liegen.« Ich zuckte die Achseln, denn das war eine reine Vermutung.

Stuart und Klavin sahen einander an.

»Und noch etwas: Alle, die dort liegen, wurden auch dort umgebracht«, sagte ich. »Wenn das also der bevorzugte Ort für die Morde war, liegen auch alle Leichen dort.«

Stuart wirkte zufrieden. »Ja, auch wir glauben, dass sie alle in dem alten Schuppen auf dem Grundstück umgekommen sind.«

Ich war froh, dass wir die schief in den Angeln hängenden Türen damals nicht geöffnet hatten. Ich wollte gar nicht wissen, wie es dahinter aussah. Durch meine Begegnung mit den Toten wusste ich mehr, als mir lieb war.

»Gibt es ... gibt es noch irgendein Grundstück, das ich untersuchen soll?« Ich hatte Angst, sie könnten Ja sagen, aber Max Stuart schüttelte den Kopf.

»Wir wissen nicht, wie Sie es anstellen, was Sie tun«, sagte er. »Hätten wir uns nicht selbst davon überzeugen können - wir hätten Ihnen niemals geglaubt. Aber wir haben alle Leichen gefunden, und wir haben gehört, wie Sie sie entdeckt haben. Egal, wie lange wir noch ermitteln - wir können keinerlei Verbindung zwischen Ihnen und irgendeinem Einheimischen hier feststellen. Also müssen wir glauben, dass sie irgendeine übernatürliche Gabe besitzen. Wir wissen nicht, wie weit sie reicht oder wo ihre Grenzen sind. Können Sie tins noch irgendetwas zu den Jungen sagen?«

Es musste ihm unheimlich schwergefallen sein, das zuzugeben. Ich wollte automatisch verneinen, überlegte es mir jedoch anders. Ich würde es ihnen so gut erklären, wie ich konnte: »Ich sehe den Moment des Todes«, sagte ich. »Ich sehe ihre Leichen in dem Grab. Warten Sie«, ergänzte ich, schloss die Augen, umklammerte mit der gesunden Hand die Armlehne meines Stuhls und presste den verletzten Arm an meinen Körper. Die Kleider waren in das Grab geworfen worden...

»Die meisten von ihnen trugen Kreuze um den Hals, stimmt's?«, sagte ich. Klavin erschrak. Stuart sah zur Tafel hinüber, als stünde es dort angeschrieben. »Aber das ist eine religiöse Gemeinde, es kann also auch Zufall gewesen sein.« Ich sah mir die Leichen noch einmal an, starrte in die Abgründe meiner Erinnerung. Ach ja, da war noch etwas. »Knochenbrüche«, sagte ich. »Manche von ihnen hatten Knochenbrüche.«

»Rühren die nicht von den Folterungen her?«, fragte Tolliver.

»Nun ja, ein paar frische schon. Aber mindestens vier hatten sich in der Vergangenheit schon mal was gebrochen.« Ich zuckte die Achseln.

»Heißt das, dass alle als Kinder missbraucht wurden? Ist das der gemeinsame Nenner?« Agent Stuart beugte sich vor, als könne er mir die Antwort so aus der Nase ziehen. »Was hatten diese Jungen gemeinsam? Warum ausgerechnet sie?«

»Das weiß ich nicht. Ich sehe, was ich sehe, nur kurz aufblitzen: die Leiche, die Gefühle, die Situation. Einmal sah ich das Haustier des Toten, vielleicht habe ich auch aus den Gedanken des Sterbenden darauf geschlossen. Aber denjenigen, der für den jeweiligen Tod verantwortlich ist, sehe ich nicht.«

»Erzählen Sie uns einfach alles, was Sie wissen«, sagte Klavin.

Ich sah misstrauisch von einem zum anderen. Sie würden mir zwar zuhören, aber sich dann diese genervten Blicke zuwerfen, die besagten, dass sie mir kein Wort glaubten. Wie oft habe ich von Polizisten schon gehört: »O bitte, jedes noch so kleine Detail kann wichtig sein... « Und dann: »Was, das ist alles, wozu Sie imstande sind? Wozu soll das denn gut sein?«

»Wir werden uns nicht über Sie lustig machen, versprochen«, sagte Klavin, der meinen Gesichtsausdruck richtig deutete. »Wir wissen, dass Sie in der Vergangenheit Ärger mit der Polizei hatten.«

Ich überlegte und dachte an den Scheck, den mir Twyla Cotton am Vorabend in die Hand gedrückt hatte, ein Scheck mit einer weitaus höheren Summe als vereinbart. Ich dachte an die Familien, die sich in der Kirche gedrängt hatten, an ihre Trauer und Angst. Im Vergleich dazu war das Risiko, zur Zielscheibe des Spotts irgendwelcher Männer zu werden, die wir ohnehin nie wieder sehen würden, völlig unbedeutend.

Also holte ich tief Luft, schloss die Augen, um mich besser zu konzentrieren, und sah erneut in eines der Gräber. Ich suchte mir das aus, das der Straße am nächsten lag. Ich zeigte auf die entsprechende Markierung auf dem Plan. »Da liegt Tyler«, sagte ich. »Er wurde gefoltert. Man hat ihm die Haut in Streifen abgeschält. Er wurde vergewaltigt. Man hat Klammern an seinen Hoden befestigt. Er war auf den Tod vorbereitet, ja hat ihn sich herbeigewünscht, weil er wusste, dass keine Hilfe kommen würde. Am Ende ist er erstickt. Irgendwann in letzter Zeit hatte er sich das Bein gebrochen.«

Einer der Agenten atmete scharf ein. Ich öffnete nicht die Augen, um nachzusehen, welcher. Tolliver nahm meine Hand, und ich umklammerte die seine. In Gedanken ging ich zum nächsten Grab. »Hunter«, sagte ich. »Ausgepeitscht, vergewaltigt, mit Brandwunden übersät. Er hat bis zum Schluss auf Rettung gehofft. Er hat noch zwei Tage gelebt. Unterkühlung.« Hunter war bei ähnlich nasskaltem Wetter gestorben wie jetzt. Vermutlich war er im November entführt worden. »Keine Knochenbrüche. Er hatte ... Skoliose.« Ich sah seine gekrümmte Wirbelsäule unter mir aufschimmern.

Ich fuhr mit meiner düsteren Litanei fort, erzählte von Tod und Folter, von Vergewaltigungen und Schmerz. Von jungen Männern, die man benutzt und anschließend entsorgt hatte. Die beiden Jungen, die auf der Durchreise gewesen waren, besaßen keinerlei Auffälligkeiten an ihrem Stützapparat, die hiesigen hingegen schon ... mit Ausnahme von Jeff McGraw und Aaron Robertson. Das waren fünfzig Prozent. Die Sache mit den Knochenbrüchen war also eine Sackgasse.

»Sie sind an unterschiedlichen Dingen gestorben. Die meisten Todesarten waren merkwürdig passiv, wie das Ersticken und die Unterkühlung, denen Tyler und Hunter zum Opfer fielen.«

»Passiv?«, fragte Klavin. Er klang entrüstet. Er holte ein weißes Taschentuch aus seiner Hose und tupfte sich die Nase ab. Er hatte sich bei den Ermittlungen am Tatort erkältet. »Entführt, gefoltert, vergewaltigt. In meinen Ohren klingt das sehr aktiv.«

»Das meine ich auch gar nicht«, sagte ich. »Aber man hat sie sterben lassen. Sie wurden nicht erstochen, erschossen oder vergiftet, alles Dinge, die unmittelbar zum Tod führen. Hunter wurde einfach zurückgelassen und ist gestorben. Vielleicht kam ihm das Wetter dazwischen. Vielleicht hatte der Mörder auch das Interesse an ihm verloren. Und das Ersticken - nun, wenn man jemanden erdrosselt, kann man seine Meinung in letzter Minute immer noch ändern.«

»Jetzt verstehe ich, was Sie meinen«, sagte Stuart. »Der Tod war also eher eine Art notwendiges Übel oder die Folge eines Experiments.«

»Die Lust wurde also nicht beim Tod der Jungen empfunden, sondern bei dem, was davor war«, sagte ich. »Das eigentlich Interessante war, ihnen Schmerzen zuzufügen.

Wenn sie dann völlig am Ende waren und nicht mehr reagierten, waren sie zu nichts mehr nutze.« Aber ganz stimmte das auch nicht. Stuarts Bemerkung, es habe sich um ein Experiment gehandelt, kam der Sache schon näher.

Tolliver sah aus, als wäre er kurz davor, sich zu übergeben.

»Die andere Hellseherin sieht das aber nicht so«, sagte Klavin provozierend. »Sie meint, der Mörder habe danebengesessen und ihnen beim Sterben zugesehen, um sich so etwas wie ›orgiastische Lust‹ zu verschaffen.«

»Wenn Xylda das sagt, wird es auch stimmen«, sagte ich sofort. »Im Gegensatz zu ihr bin ich keine Hellseherin. Aber vielleicht ...« Ich verstummte. Beide Agenten blickten mich mit dem Gesichtsausdruck an, den ich so gut kannte und der besagte: Aufgepasst! Jetzt versucht sie ihre Version mit der der anderen Verrückten in Einklang zu bringen, sie abzusichern und auszuschmücken.

Ebenso langsam wie widerwillig sagte ich: »Haben Sie jemals daran gedacht, dass es zwei Mörder geben könnte?«

Beide glotzten mich an. Ich kann die Lebenden nicht ansatzweise so gut durchschauen wie die Toten. Bisher war mir das bei den beiden Agenten ganz gut gelungen, aber ihr jetziger Gesichtsausdruck gab mir Rätsel auf.

»Mehr kann ich Ihnen auch nicht sagen«, meinte ich und erhob mich. Tolliver beeilte sich ebenfalls aufzustehen. »Dürfen wir die Stadt verlassen?«, fragte ich. »Wenn uns danach zumute ist?«

»Solange Sie uns sagen, wie wir Sie erreichen können, dürfen Sie und Ihr Bruder abreisen«, sagte Stuart. Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, wie froh er wäre, uns los zu sein.

»Ich bin nicht ihr Bruder«, sagte Tolliver. Er klang so wütend, als hätten sie sich die ganze letzte Stunde nur gestritten.

Stuart wirkte überrascht. »Ganz wie Sie meinen«, sagte er achselzuckend. »Sie dürfen beide gehen.«

Ich war dermaßen erstaunt über Tollivers Wutausbruch, dass ich Mühe hatte, meine Handtasche zu greifen und ihm zu folgen. Er verschwand beinahe in einer Staubwolke, so schnell rannte er aus dem Revier. Da ich mich zunächst mühsam durch die Türen manövrieren musste, holte ich ihn erst am Auto ein. Er hatte die Hände auf die Motorhaube gestützt und starrte auf den grauen Lack. Die übrig gebliebenen Reporter riefen uns etwas zu, aber wir ignorierten sie.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich stand einfach nur da und wartete. Ich wäre in den Wagen gestiegen, aber er hatte die Autoschlüssel. Der Nebel wurde dichter, so dass es beinahe nieselte. Ich fühlte mich schrecklich.

Endlich richtete er sich auf und entriegelte wortlos die Türen. Ich trat vom Bürgersteig, öffnete die Beifahrertür, stieg ein und zog sie wieder hinter mir zu. Gott sei Dank war es mein linker Arm, der in Mitleidenschaft gezogen war. Tolliver beugte sich, weiterhin schweigend, über mich, um mich anzuschnallen.

»Wohin jetzt?«, fragte er.

»Zum Arzt.«

»Hast du Schmerzen?«

»Ja.«

Er holte tief Luft und atmete aus. »Es tut mir leid«, sagte er, wobei er offen ließ, was genau ihm leidtat.

»Ist schon gut«, sagte ich, ohne zu wissen, was eigentlich los war. Ich hatte ein paar Vermutungen, von denen mir ein paar durchaus Angst einjagten.

Tolliver hatte die Arztpraxis bereits auf einer seiner Fahrten zum und vom Krankenhaus ausfindig gemacht. Dr. Thomasons Praxis war ein kleiner roter Ziegelbau, aber auf dem Parkplatz standen mindestens sechs Autos. Ich stellte mich beim Hineingehen auf eine längere Wartezeit ein. Der Mann, der nicht mein Bruder war, ging zur Rezeption und erklärte der Frau dahinter, wer ich war, und dass ich den Arzt in der Notaufnahme kennengelernt hatte.

»Wir werden sie dazwischenschieben müssen, Schätzchen, das kann ein Weilchen dauern«, sagte sie und schob ihre Brille zurück auf die Nasenwurzel. Dann fasste sie sich vorsichtig an ihre mit viel Spray fixierte Helmfrisur, vermutlich um zu überprüfen, ob sie noch richtig saß. Tolliver versprühte wieder seinen üblichen Charme. Er kam mit einem Klemmbrett und Formularen zurück, die ich ausfüllen musste.

»Wie es aussieht, haben wir jede Menge Zeit dafür«, konnte er sich nicht verkneifen mir zuzuzischen. Ich saß auf einem blauen Plastikstuhl an der Wand, und er leistete mir Gesellschaft. Mit uns im Wartezimmer saßen eine junge Mutter und ihr Baby, das selig schlief, ein älterer Mann mit einer Gehhilfe und ein ausgesprochen nervöser Teenager aus dem Stamme der Fußwipper.

Eine Arzthelferin in Seegrün trat in die Tür und rief: »Sallie und Laperla!« Die junge Mutter, die selbst kaum älter als ein Teenager war, stand mit der Babytragetasche auf.

»Ob sie weiß, dass La Perla eine Dessousfirma ist?«, flüsterte ich Tolliver zu, entlockte ihm damit aber nur die Spur von einem Lächeln.

Der Junge rutschte so nahe an uns heran, dass eine Unterhaltung möglich war. »Sie sind die Frau, die die Leichen gefunden hat«, sagte er.

Wir sahen ihn beide an. Ich nickte.

Jetzt, wo er mir gesagt hatte, wer ich war, suchte er verzweifelt nach neuem Gesprächstoff. »Ich kannte sie alle«, sagte er schließlich. »Lauter nette Jungs. Naja, Tyler machte manchmal Ärger. Und Chester hat den neuen Impala seines Vaters zu Schrott gefahren. Aber wir waren alle zusammen in der Jugendgruppe von Mount Ida.«

»Alle?«

»Alle bis auf Dylan, der war katholisch. Die haben ihre eigene Jugendgruppe. Aber die anderen gingen alle in die von Mount Ida.«

Normalerweise hätte mich diese Unterhaltung zu Tode gelangweilt, aber nicht so jetzt.

»Hast du heute schon die Artikel in der Zeitung gelesen?«, fragte ich.

»Ja.«

»Kanntest du die beiden Jungen von außerhalb?«

Er wirkte überrascht. »Nein«, sagte er. »Ich habe nicht mal von ihnen gehört. Ich dachte, das waren Tramper oder so. Von ganz weit weg.«

Ich hatte nicht alle Artikel gelesen. Ganz weit weg, das konnte für diesen Jungen auch Kentucky oder Ohio bedeuten. Er meinte damit nur, dass sie nicht aus North Carolina waren.

Die junge Mutter kam wieder heraus, mittlerweile weinte ihr Baby. Die beiden blieben kurz vor der Rezeption stehen und gingen dann durch die Eingangstür hinaus. Ich konnte sehen, wie der Regen stärker wurde. Sie würde zu ihrem Wagen rennen müssen. Die Arzthelferin rief den alten Mann auf, der sich langsam und vorsichtig erhob. Er schlurfte durch die Tür ins Allerheiligste, die Gehhilfe vorneweg, an deren Füßen aufgeschlitzte Tennisbälle befestigt waren. Das ließ sie fröhlicher wirken. Kaum war er durch die Tür, rief die Arzthelferin auch schon »Rory!«. Unser Gesprächspartner sprang auf und eilte nach hinten.

Jetzt, wo wir allein waren, hätte ich erwartet, dass Tolliver mit mir redete, aber er lehnte sich nur zurück und schloss die Augen.

Wir müssen ein merkwürdiges Bild abgegeben haben.

Nachdem wir etwa zehn Minuten so dagesessen hatten, kam der alte Mann heraus. Rory eilte an ihm vorbei, um ihm die Tür aufzuhalten. »Eine Allergiespritze«, rief er fröhlich, während der alte Mann vorbeischlurfte. Ich wusste nicht, ob sich das auf seinen eigenen Arztbesuch bezog oder auf den des alten Mannes, aber ich nickte aufmunternd.

Die Arzthelferin öffnete erneut die Tür. Sie war eine hübsche, durchtrainierte, etwa fünfundvierzigjährige Frau mit dunklen Haaren und strahlend blauen Augen. Sie wirkte dermaßen gesund und gut gelaunt, dass ich sie nur ansehen brauchte, und schon ging es mir besser. »Miss Connelly«, sagte sie, mich neugierig musternd.

Tolliver sprang auf die Füße, um mir aufzuhelfen. Es war einfach absurd. Ich ergriff seine Hand, und er zog mich hoch. Die Arzthelferin brachte uns in das für uns bestimmte Sprechzimmer. Sie maß und wog mich und bestimmte meinen Blutdruck, der in Ordnung war. Dann fing sie an, mir Fragen zu stellen. Sie betrafen überwiegend Dinge, die bereits auf dem Formular standen oder aus meiner Krankenhausakte ersichtlich waren.

»Sie wollen also zu Dr. Thomason, damit er sich noch einmal ihre Verletzungen ansieht?« Sie klang ein wenig misstrauisch.

»Ja, meine Schmerzen sind stärker als erwartet, aber das kann auch daran liegen, dass ich, na ja, ziemlich deprimiert bin.«

»Nun, in Ihrem Beruf ist das wahrscheinlich... normal.«

»Entschuldigung, aber Ihnen dürfte es doch in Dr. Thomasons Praxis auch nicht viel anders gehen.«

»Weil die meisten Jungen Patienten von uns waren? Ja, es ist wirklich traurig. Man hält es nie für möglich, dass so etwas Leuten passiert, die man kennt. Und wir kannten alle diese Jungen, obwohl einige Patienten von Dr. Whitelaw waren.«

»Jeffs Großmutter meinte, ihr Enkel sei auch neulich hier gewesen«, log ich.

»Oh, da müssen Sie etwas falsch verstanden haben. Jeff geht zu Dr. Whitelaw.«

»Oh, kann sein, das tut mir leid.«

»Kein Problem. Ich richte Dr. Thomason nur kurz aus, dass Sie so weit sind.« Sie eilte auf ihren weichen Gummisohlen hinaus, und noch bevor ich mir einen Reim darauf machen konnte, kam Dr. Thomason auch schon hereingestürmt.

»Hallo, junge Dame. Marcy hat mir erzählt, dass es Ihnen nicht so gut geht wie erhofft. Sie wurden... erst gestern aus dem Krankenhaus entlassen? Stimmt das?« Er schüttelte den Kopf, als bereite es ihm große Mühe, einen zeitlichen Überblick zu behalten. »Dann wollen wir Sie mal anschauen. Kein Fieber, der Blutdruck ist in Ordnung«, murmelte er und sah sich an, was Marcy in das Formular eingetragen hatte. Er ignorierte Tolliver, als wäre dieser gar nicht da. Dr. Thomason untersuchte, befühlte, betastete mich und ließ eine Frage nach der anderen los, schien jedoch meine Antworten kaum wahrzunehmen... so als glaubte er mir nicht oder habe kein Interesse an ihnen. Er stellte sich vor mich. Da ich auf dem Untersuchungstisch saß, musste er zu mir aufsehen, seine Augen hinter der Goldrandbrille schienen zu glänzen.

Er lächelte mich an. »Sie machen einen guten Eindruck auf mich, Ms Connelly. Es geht Ihnen den Umständen entsprechend gut, nach so einem Überfall kann man nichts anderes erwarten. Es besteht kein Anlass zur Sorge. Alles verheilt wunschgemäß. Ich hoffe, sie haben noch genügend Schmerzmittel?«

»O ja«, sagte ich.

»Gut. Denn wenn sie alle wären, müsste ich mir Sorgen um Sie machen. So jedoch können Sie beruhigt gehen. Sie werden sich nur eine Zeit lang noch nicht so besonders fühlen.«

»Oh, verstehe. Danke, dass Sie mich untersucht haben.«

»Gut, viel Glück. Sie sind reisefähig.« Dann sauste er mit wehendem Arztkittel davon. Er konnte es anscheinend kaum erwarten, dass ich die Stadt verließ. Tolliver half mir vom Untersuchungstisch herunter. Wir verließen das Arztzimmer schweigend und zahlten im Hinausgehen. Ich warf einen Blick auf den großen Aktenschrank an der Rezeption. Wäre ich eine mutige Detektivin, würde ich die Rezeptionistin und Arzthelferin ablenken und mir die Patientenakten der toten Jungen ansehen. Aber ich bin keine mutige Detektivin, und mir fiel kein Vorwand ein. Wenn überhaupt, hätte ich vielleicht gerade mal ein paar Schubladen aufziehen können. Die Detektivinnen im Kino und im Fernsehen hm dies ständig, aber die haben auch bessere Drehbuchschreiber. Im wirklichen Leben hat man nicht die Möglichkeit, Einsicht in geheime Patientenakten zu nehmen, außer man bricht nachts ein, und das hatte ich nicht vor. Mein Bedürfnis, den Täter zu kennen, hatte Grenzen. Ich würde nicht riskieren, selbst ins Gefängnis zu wandern.

Außerdem - was ging mich das überhaupt an? Die Ermittler vor Ort waren entsprechend geschult und effizient, ihnen standen alle möglichen Labore zur Verfügung, und sie hatten jede Menge Erfahrung. Sie würden herausfinden, wer die Morde verübt hatte, daran zweifelte ich keine Sekunde. Und dann würden die Morde aufhören. Irgendjemand käme nach einem langen, schmutzigen Prozess ins Gefängnis.

»Irgendetwas an der Sache lässt mich nicht los«, sagte ich. Ich musste das Schweigen brechen, sonst würde ich noch explodieren. »Irgendwas stimmt da nicht.«

»Du meinst, über die Tatsache hinaus, dass hier acht tote Kinder gefunden wurden?« Tolliver klang gelassen, aber seine Worte waren bissig.

»Ja. Irgendwas stimmt nicht.«

»Zum Beispiel?«

»Ich glaube, dass jemand in Gefahr ist.«

»Warum?«

»Das ist bloß so ein Gefühl... Wo willst du eigentlich hin?«

»Zurück zur Hütte.«

»Reisen wir ab?«

»Der Arzt meinte, du seist reisefähig.«

Ich machte das Autoradio an. Nach der Wärme am Morgen gab es den angekündigten Temperatursturz.

»Und, wie lautet der Wetterbericht, Ray?«, fragte eine weibliche Stimme in einem der regionalen Sender.

»Knapp zusammengefasst, Candy, lautet er... bleibt zu Hause, Leute! Ein Eissturm zieht auf, dem ihr lieber aus dem Weg gehen solltet. Die Polizei rät allen Autofahrern, heute Abend zu Hause zu bleiben. Wartet bis morgen, dann wissen wir mehr.«

»Dann sollten wir uns also mit viel Brennholz und alten Spielfilmen eindecken, Ray?«

»Ja, die könnt ihr euch ansehen, bis der Strom ausfällt!«, sagte Ray. »Holt eure Brettspiele, Taschenlampen und Kerzen hervor und legt euch Wasservorräte an, Leute!«

Einige Minuten lang folgten noch weitere Ratschläge, wie die Leute den Sturm am besten überstanden.

Wortlos hielten wir vor einem kleinen Wal-Mart.

»Bleib im Wagen«, sagte Tolliver kurz angebunden. »Du wirst sonst nur angerempelt.« Der Supermarkt war wirklich sehr voll, die Leute strömten mit Einkaufswägen voller Notvorräte heraus, und ich widersprach ihm nicht. Wir haben im Winter immer eine Decke im Auto, und ich wickelte mich in diese, während er sich zum Supermarkt vorarbeitete.

Da wir nur uns selbst versorgen mussten und nicht vorhatten, länger als unbedingt nötig hierzubleiben, musste Tolliver nicht so viel einkaufen. Trotzdem dauerte es mindestens eine Dreiviertelstunde, bis er mit seinem Einkaufswagen aus dem Laden kam.

Als wir wieder am See waren, parkten wir direkt vor der Treppe. Ich beschloss, mich nützlich zu machen, indem ich einen Gegenstand nach dem anderen aus dem Kofferraum holte und mit Schwung auf halbe Höhe der Treppe zum Wohnbereich wuchtete. Dann musste Tolliver nur ein paar Stufen hinuntergehen, das Zeug holen und verstauen. So hatte er weniger Arbeit und ich das Gefühl, zu helfen. Aber als wir fertig waren, zitterte ich vor Anstrengung.

Doch da war noch eine weitere Sache, die ich tun musste. Als letzte Vorsichtsmaßnahme fuhr ich den Wagen rückwärts die steile Auffahrt hoch und parkte ihn parallel zur Straße. Gut gelang mir das nicht, da ich einhändig fuhr, aber auf diese Weise würden wir uns später nicht mit einer vereisten Steilpiste herumärgern müssen. Ich schloss den Wagen ab und lief übervorsichtig die Auffahrt hinunter und die Stufen hoch. Die Feuchtigkeit hing bereits in der Luft.

Wenig später schaute Ted Hamilton vorbei, um sich davon zu überzeugen, dass wir wettertechnisch auf dem Laufenden waren. Seine Frau, Nita, war ebenfalls mitgekommen, sie war genauso klein, dünn und rüstig wie ihr Mann. Die beiden schienen ganz aufgeregt zu sein wegen des Eissturms.

Tolliver hatte so viel Holz hochgeholt, dass ich überlegte, Twyla etwas Geld dafür dazulassen. Das ältere Paar nickte anerkennend und stellte sich auf einen gemütlichen Plausch ein. Wir klappten die beiden Stühle auseinander, die noch an der Wand gelehnt hatten. Es waren Regiestühle, die leicht muffig rochen, aber zumindest konnte man sich auf sie setzen. Nachdem wir uns bei Nita für ihren fantastischen Auflauf bedankt hatten, den wir heute Abend vollends verputzen wollten, konnte ich den Hamiltons nur Mineralwasser und Schokokekse anbieten.

»Nein danke«, sagte Nita und warf dabei einen Blick auf Ted. »Wissen Sie, wir machen uns schon seit Langem Sorgen über die Kiefer hinter Ihrer Blockhütte.«

»Warum?«, fragte ich.

»Kiefernwurzeln sind sehr flach, und sie ragt weit über Ihre Hütte«, sagte Ted. »Schlechte Planung. Ich habe Parker im letzten Sommer bereits darauf angesprochen, aber er hat nur gelacht. Hoffentlich tut es ihm nicht noch leid, dass er nicht auf mich gehört hat.«

Okay, von diesem Kaliber waren sie also.

»Im Gegensatz zu anderen, die nur bei gutem Wetter herkommen, wenn es keine Probleme gibt, leben wir das ganze Jahr hier draußen«, sagte Nita, so als hielten sie auch zu dem armen See, wenn es Probleme gab. Echte Freunde eben.

»Dann wollen wir mal hoffen, dass die Kiefer das Eis aushält«, sagte Tolliver. »Danke, dass Sie uns darauf aufmerksam gemacht haben.« Sein Tonfall war vielleicht ein wenig zu trocken, denn Teds Züge verhärteten sich.

»Ich hoffe auch, dass sie nicht umkippt«, meinte Ted. »Es wäre doch furchtbar, wenn Ihnen hier draußen etwas zustieße. Wo Sie doch bloß zu Besuch sind.«

»Wir können von Glück sagen, dass wir Sie haben«, sagte ich, um die Wogen wieder etwas zu glätten. »Ich glaube, ich hätte Angst, wenn wir ganz allein hier draußen wären.«

Das machte Ted und Nita glücklich. »Wir sind gleich nebenan, rufen Sie, wenn Sie uns brauchen. Wir haben eine komplette Notfallausrüstung, alles, was man braucht.«

»Das ist gut zu wissen«, sagte ich, und zum Glück erhoben sie sich daraufhin auch endlich. Wir fuhren fort, uns zu versichern, wie froh wir doch seien, uns gegenseitig zu haben, bis sie die Treppe hinuntergestiegen und wieder auf dem Weg zu ihrer eigenen Hütte waren.

Wir hatten das Radio mit ins Haus genommen, das wir immer im Kofferraum dabeihaben, und machten es an. Der Wetterbericht war immer noch derselbe. Die Nachrichten auch. Irgendwie hatte ich die verrückte Hoffnung gehabt, dass man jemanden verhaftet hätte, einen geheimen Verdächtigen. Oder dass jemand zur Polizei gegangen wäre und alles gestanden hätte, weil er die Schuld einfach nicht mehr tragen konnte. Ich sagte Tolliver Entsprechendes.

»Ein Kerl, der in der Lage ist, mehrfach Kinder zu foltern, die er kennt«, sagte Tolliver, »geht nicht zur Polizei und sagt, dass es ihm leidtut - außer er ist scharf auf die Aufmerksamkeit. Er wird stinksauer sein, dass er sein Vergnügen nicht wiederholen kann. Dass er die guten alten Zeiten immer wieder heraufbeschwören muss, statt neue zu erleben. Und wer ist daran schuld? Du.«

Ich starrte Tolliver an. Das quälte ihn also.

»Das sehe ich anders«, sagte ich so gelassen wie möglich. »Ich glaube, dass er in einer Art Wutanfall zum Motel gekommen ist, das schon. Aber jetzt muss er zusehen, wie er heil aus der Sache herauskommt. Er wird nichts tun, was die Polizei auf ihn aufmerksam machen könnte. Er wird in Deckung gehen.«

Tolliver dachte nach. »Na hoffentlich«, sagte er wenig überzeugt. Er ging zum Fenster und sah hinaus in die Dunkelheit. »Hörst du das?«, fragte er.

Ich stellte mich neben ihn und konnte das Pling-Pling-Pling hören, wenn das Eis gegen die Scheibe schlug. In dem Licht, das aus unserem Fenster fiel, und dem der großen Außenbeleuchtung der Hamiltons konnten wir winzige Eiskörner zu Boden fallen sehen. Es war unheimlich, aber irgendwie auch schön. Ich hatte mich noch nie so isoliert gefühlt.

Dieses Gefühl verließ mich auch nicht, als wir uns bettfertig machten. Ich war müde, aber längst nicht so erschöpft, wie ich gedacht hatte. Mein Kopf tat nicht mehr so weh, und auch meinem Arm ging es etwas besser. Ich schaffte es, mich auszuziehen und in meinen Schlafanzug zu schlüpfen, ohne mir groß helfen zu lassen, obwohl Tolliver nach wie vor das BH-Aufhaken übernehmen musste. Wir lasen beide noch ein wenig, und Tolliver meinte, solange wir noch elektrisches Licht hätten, sollten wir es auch benutzen. Er schmökerte in einem alten Roman von Harlan Coben, und ich in Gavin de Beckers Mut zur Angst. Wie Intuition uns vor Gewalt schützt. Schließlich wurde ich schläfrig, und mir fielen die Augen zu. Das Bett hatte sich um mich herum aufgewärmt, und ich legte das Buch zur Seite und schloss die Augen. Kurz darauf hörte ich, wie Tolliver die Lampe ausmachte. Das einzige Licht, das den Raum jetzt noch erhellte, war der schwache Schein der Außenbeleuchtung der Hamiltons. Am Vorabend war ich zu erschöpft gewesen, um es zu bemerken, und ich dachte auch jetzt nicht darüber nach ... bis ich später aufwachte und das Licht erloschen war. Die Hütte lag in absoluter Dunkelheit da. Der Wind heulte ums Haus wie eine Furie, und ich hörte ein merkwürdiges Geräusch.

»Was ist das?«, fragte ich und hörte die Angst in meiner Stimme.

»Das sind gefrorene Zweige, die klirrend aufeinanderschlagen«, sagte Tolliver. »Ich bin vor ein paar Minuten aufgewacht und habe darauf gelauscht. Das ist meine Erklärung dafür.«

Ich bekomme es schnell mit der Angst, wenn es um Mutter Natur geht.

»Gut«, sagte ich wenig beruhigt.

»Komm zu mir, ich liege näher am Kamin«, sagte Tolliver. »Bring deine Decke mit.«

Ich kletterte überraschend flink aus dem Bett. Meine nackten Füße tappten über die Dielen, während ich meine Decke vom Bett riss und sie zu Tolliver schleppte. Ich warf sie unbeholfen aufs Bett. Ich ließ mich neben ihn gleiten und konnte es kaum erwarten, wieder unter der Decke zu sein. Meine Zähne klapperten vor Kälte und Angst.

»Ganz ruhig«, sagte er und legte den Arm um mich. »Du warst nur wenige Sekunden nicht zugedeckt.«

»Ich weiß«, sagte ich. »Ich bin ein Angsthase. Ein Waschlappen.« Ich wärmte mich an ihm auf.

»Du bist der tapferste Mensch, den ich kenne«, sagte er, und als ich mein Gesicht an seiner Brust verbarg, fragte er: »Hörst du mir zu?«

Ich löste mich gerade so weit von ihm, dass ich sagen konnte: »Ja, ich höre dir zu.«

»Ich bin nicht dein Bruder«, sagte er mit völlig veränderter Stimme.

Eine Sekunde lang hörte ich weder das Heulen des Windes um die Hütte noch das ominöse Klappern der eisbedeckter Zweige.

»Ich weiß«, sagte ich. »Ich weiß.«

Und dann küsste er mich.

Ich liebte ihn schon seit Langem. Obwohl sich alles ändern würde, ändern musste, konnte ich nicht anders. Ich musste seinen Kuss einfach erwidern.

Es war ein langer Kuss, ein leidenschaftlicher Kuss. Ich hatte ihn so oft mit anderen Frauen weggehen sehen, jetzt war er endlich mit mir zusammen.

Er wollte etwas sagen, aber ich kam ihm zuvor: »Nein, nicht.« Ich küsste ihn erneut, aus eigenem Antrieb. Das schien seine Frage zu beantworten. »Du bist es«, sagte ich, als er meinen Hals küsste. Ich hatte meine gesunde Hand unter sein Sweatshirt geschoben, berührte die kostbare Haut seines Rückens, seine Rippen, seine fast flachen Brustwarzen. Ich schmiegte mein Gesicht an seine Brustbehaarung, und er hielt den Atem an. Seine Hände blieben auch nicht untätig, und als sie meine Brüste fanden, gab er erneut einen völlig fremden Laut von sich. Ich hätte weinen können vor Freude.

»Du musst dein Oberteil ausziehen«, sagte er, und wir machten uns daran zu schaffen. »Was ist mit deinem Arm?«, fragte er.

»Der ist in Ordnung, mach dir deswegen keine Sorgen«, flüsterte ich. »Hauptsache, du legst dich nicht drauf.« Man hätte mir erneut eins mit der Schaufel überbraten können, und es wäre mir egal gewesen. Zum ersten Mal war ich körperlich und seelisch völlig bei der Sache. Seine Hände schienen zu wissen, wo sie hinmussten und was sie dort zu tun hatten. Wir kannten uns dermaßen in- und auswendig, dass es uns selbst bei dieser neuen Aktivität nur natürlich vorkam, die Wünsche des anderen zu kennen. Wir wussten zwar, wie unsere jeweiligen Körper aussahen, aber nicht, wie sie sich anfühlten. Jetzt lernten wir sie kennen. Sein Schwanz war lang, aber nicht so dick wie andere, die ich bereits kennengelernt hatte. Er war beschnitten und leicht nach oben gebogen. Seine Hoden waren sehr empfindlich. Ich genoss es, ihn an Stellen zu berühren, die bisher für mich tabu gewesen waren, und er genoss es, mich zwischen den Beinen anfassen zu können. Er genoss es, und seine Finger waren sehr geschickt.

»Ich wünschte, ich könnte dich sehen«, sagte er, aber ich war froh über die Dunkelheit. Sie machte mich mutiger, und ich konzentrierte mich ganz auf meinen Tastsinn, um bloß nicht nachdenken zu müssen. Denn dann wäre es nicht so wunderbar gewesen wie jetzt.

So kam es, dass er - nachdem wir uns endlich in ausreichendem Maße aus unseren Kleidern geschält hatten und klar war, dass keiner von uns noch einen Rückzieher machen würde - endlich in mich eindrang und ich den glücklichsten Moment meines Lebens erlebte. Ich schaffte es, vollkommen loszulassen, und sagte: »Ich liebe dich.«

Und Tolliver sagte: »Ich dich auch, für immer.«

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